Eine Millionen. Eine Millionen Menschen waren in Brasilien auf der Straße um ihrem Zorn luft zu machen. Sie riskieren Prügel, Knochenbrüche, brennende Augen, Platzwunden – und manchmal ihr Leben. Und für was? Für ein Ende der Korruption, für ein besseres Gesundheitssystem, für ein besseres Bildungssystem. Kurz: Für ihre Vorstellung von einer besseren Gesellschaft. Für ihre Werte. Selbe Zeit, anderes Land: Türkei. Auch hier strömen die Menschen auf die Straße, brüllend, schreiend. Und auch hier stoßen sie auf massive staatliche Gewalt. Und trotzdem kämpfen sie weiter, gegen die autoritäre Regierung, für ihre Freiheit.
Protest in der Türkei -CC BY-NC-SA
Jürgen Klute
Sie machen ihrem Zorn auf die Obrigkeit luft, sie treten ein für ihre Würde. Sie zeigen, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss, dass man als Bürger in einer Demokratie ein Mitgestaltungsrecht hat. Und hier, in Deutschland? Wo sind all die angeblich durch ACTA politisierten Jugendlichen? Wo sind die Massen auf der Straße? In einer Zeit in der Meinungsfreiheit, Grundrechte und Demokratie so bedroht sind wie lange nicht mehr? PRISM, Staatstrojaner, Polizeigewalt, Korruption, die Unfähigkeit der politischen Klasse mit der digitalen Revolution umzugehen. Wir leben in einem Staat der näher an einem autoritären Regime ist als an einer Demokratie. Und niemand wird zornig, niemand ändert was. Ja man regt sich im heimischen Sessel ein wenig auf, schimpft ein bisschen, aber passieren tut nichts. Die meisten sagen eh „Ich habe nichts zu verbergen“ oder „ein Einzelner kann eh nichts ändern“. Lieber glaubt man Mutti Merkel dass alles Alternativlos sei, dass der Aufschwung schon kommt. Die Revolution fällt aus, weil das Betreten des Rasens verboten ist.